Die Eifelbibliothek – eine landeskundliche Einrichtung für die Eifel

Die Genovevaburg; Foto: Stadt Mayen

Die Genovevaburg; Foto: Stadt Mayen

Vergleichsweise lang ist die Geschichte einer kleinen landeskundlichen Fachbibliothek, die in Mayen in der altehrwürdigen Genovevaburg zuhause ist. Auf eine über hundert Jahre andauernde Entwicklung schaut man dort heute zurück.

Die Eifelbibliothek ist aus den einstmals selbstständigen Büchereien des Eifelvereins (1890) und des Mayener Geschichts- & Altertumsvereins (1904) hervorgegangen. Beide Vereine hatten bald nach ihrer Gründung auch den Grundstock zu einer eigenen Sammlung landeskundlicher Literatur gelegt. Als »Sammelstätte für die Forschung« bezeichnete man beim Eifelverein den Aufbau einer eigenen Bücherei.

In der Öffentlichkeit wird der Eifelverein häufig als Wanderverein wahrgenommen. Doch übersieht man allzu schnell, dass er sich seit seiner Gründung auch Fragen der Entwicklung der Eifel widmet. Diese Tätigkeit begann in einer Zeit, als die Eifel völlig unterentwickelt als »Armenhaus Preußens« verrufen war. Der Schwerpunkt dieser Betätigung liegt heute mehr im Bereich des Naturschutzes und der Landespflege, die für den Verein zu einer geordneten Landesentwicklung gehören. Den gleichen Hintergrund und Stellenwert besitzen der Schutz und die Pflege des kulturellen Erbes der Eifel. Das Wissen um Geschichte und Kultur versteht man bis heute als unverzichtbare Grundlage einer Zukunftsentwicklung, welche die natürliche und die kulturelle Eigenart der Eifel bewahren soll. Aus diesem Grund war und ist der Eifelverein Besitzer von Kulturdenkmälern und betätigt sich als Mitträger des Eifelmuseums und der Eifelbibliothek.

Ein ähnlicher Ansatz ist auch beim Geschichts- & Altertumsverein (GAV) in Mayen zu beobachten. Anlass zu seiner Gründung 1904 gaben die vielen Raubgrabungen von Antiquitätenhändlern in den prähistorischen Gräberfeldern von Mayen und die Verschleppung von Kulturgut. Durch eigene Ausgrabungen und dem Aufbau eines eigenen Museums sollte dieser Entwicklung gegengesteuert werden. In die »Vereinssammlung« wurden aber nicht nur die gehobenen »Schätze« eigener Grabungen aufgenommen, sondern auch Kulturgüter der Eifel vor dem endgültigen Verlust bewahrt. Ferner kam in die Sammlung gerettetes Archivgut. Und schließlich wurden erste Bücher gesammelt oder erworben, die für die Vereinsarbeit benötigt wurden. Vor und während des Ersten Weltkrieges entwickelte das noch kleine Museum erfreulich schnell; es war das erste seiner Art in der Eifel.

Durch großzügige Förderung eines Kulturmäzens gelang 1921 gar der Schritt zu einem Regionalmuseum. Der aus Aachen stammende, wohlhabende Diplomingenieur Arend Scholten (1870–1950) erwarb 1917 die Genovevaburg und baute sie zu einem standesgemäßen Wohnsitz aus. Dem GAV übereignete er den Ostflügel der Burg zur Unterbringung seiner Sammlung. Ihm schwebte ein Ausbau der Mayener Vereinssammlung zu einem zentralen Museum für die Eifel vor. Um ein solches Museum möglichst breit aufzustellen, gewann Scholten den Eifelverein als dritten Partner einer Trägergemeinschaft, zu der neben dem GAV die Stadt Mayen gehört.

Mit der Konstituierung des Eifelmuseums 1921 zog die Bücherei des Eifelvereines nach Mayen in die neu hergerichteten Räume der Burg. Scholten wusste um die missliche Lage beim Eifelverein. Seine Bücherei hatte in den Anfangsjahren durch ständige Standort- und Leiterwechsel gelitten. In Mayen wurde aber nicht nur eine komfortable Unterbringung der Bücherei ermöglicht, sondern auch ihre Führung durch einen Lehrer des Gymnasiums erreicht. Die enge Bindung der Bücherei an das Museum kam auch im ersten Museumsvertrag deutlich zum Ausdruck, der zur Hälfte aus Regelungen über die Bücherei bestand.

Die Bücherei erhielt damals ihre noch heute gültige Ordnung. Die »Bücherwarte« wandten sich in zahlreichen Aufsätzen zur Bücherei und neuer Eifelliteratur an ein breites Publikum. Während der Inflation und der Wirtschaftskrise der 20er Jahre, als der antiquarische Markt mit Angeboten überschwemmt war, gelang der Ankauf seltener Werke zur Landeskunde der Eifel. Sie machen heute den Großteil des Altbestandes aus.

In den ersten Jahrzehnten musste der Leihverkehr fast ausschließlich über die Post abgewickelt werden. Mit der zunehmenden Motorisierung der Bevölkerung nach dem Kriege wandelte sich das Bild: Eine Leserschaft aus der gesamten Eifel besuchte die Einrichtung in Mayen. Heute ist ein erneuter Wandel spürbar. Viele Anfragen werden per Mail gestellt und bearbeitet. Die Bestände sind online recherchierbar, seltene Werke sind als Digitalisate verfügbar.

Das Jahr 1985 brachte für die beiden, bis dahin in der Burg räumlich getrennten Büchereien eine einschneidende Veränderung. Die Stadt Mayen hatte die im Krieg zerstörten Gebäude der Unterburg wieder aufgebaut. Nun war eine gemeinsame Unterbringung beider Einrichtungen direkt am Eingang zum Eifelmuseum möglich. Die Bücherei des GAV – bisher eine reine Handbibliothek des Museums – konnte erstmals auch von der Öffentlichkeit genutzt werden. Die Betreuung der beiden Bestände lag seit 1956 ohnehin in einer Hand.

Mit dem im Jahr 2000 begonnenen Ausbau des Eifelmuseums zu einem Themenmuseum hat sich diese Entwicklung weiter beschleunigt. Seit 2002 haben beide Vereine eine enge Kooperation auf dem Gebiet des landeskundlichen Bibliothekswesens in Form der Eifelbibliothek vereinbart. Gleichzeitig wurde die EDV eingeführt und die Bestände einer Schnellinventarisierung unterzogen. Seit 2014 wird der Gesamtbestand von einer Bibliothekarin überprüft bzw. neu erfasst. Das Sammlungsziel der Bibliothek wurde festgelegt und überzählige Werke und Doubletten ausgesondert. Ebenso wurde mit der dringenden Restaurierung des Altbestandes begonnen.

Die Eifelbibliothek hat sich heute endgültig zu einer öffentlichen Einrichtung gewandelt. Sie wird von weiten Kreisen der Bevölkerung genutzt. Die Stadtbücherei in Mayen hat mit Blick auf die landeskundlichen Bestände der Bibliothek auf eine eigene Regionalabteilung verzichtet. Am Museum kommt ihr nun auch Aufgaben einer besonderen Museumsinfothek zu. Sie ergänzt seither das museumspädagogische Angebot und erfüllt somit Aufgaben der gehobenen Literaturversorgung.

Nach wie vor aber fungiert die Eifelbibliothek als wissenschaftliche Forschungseinrichtung. Zum Verbund mit dem Eifelmuseum kam 1997 das heutige Eifelarchiv hinzu. Seit dem gleichen Jahr unterhält das Römisch-Germanische Zentralmuseum Mainz einen Forschungsbereich für Vulkanologie, Archäologie und Technikgeschichte in Mayen. Damit entstand ein kleines Netzwerk unterschiedlicher Einrichtungen, welches sich direkt oder indirekt mit der Erforschung der Eifel befasst. Motor der Forschung sind die Museen und Vereine. Sie teilen sich auch die Aufgabe der Bewahrung und Vermittlung des kulturellen Erbes. Dieses Wirkungsgeflecht rechtfertigt es auch, unterhalb der Ebene einer landeskundlichen Literaturversorgung durch die Universitäts- und Landesbibliotheken über Landes- bzw. Zuständigkeitsgrenzen hinweg, eine landeskundliche Bibliothek für die gesamte Eifel zu unterhalten.

Zur Landesbibliothek und zum Landesbibliothekszentrum (LBZ) in Koblenz besteht seit Jahren eine gute Verbindung. Von dort erfährt die Eifelbibliothek fachkundige Beratung. Ihre Bestände sind auf der Internetseite des LBZs recherchierbar (seit 2004). Und schließlich ist die Eifelbibliothek seit 2009 Partner der rheinland-pfälzischen Digitalisierungsplattform »dilibri«.

Hans Schüller

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