Prof. Dr. Wolfgang Schmid ist seit 2003 Mitglied des Eifelvereins, seit 2009 ist er Vorsitzender der Ortsgruppe Untermosel, seit Mai 2011 Hauptkulturwart des Eifelvereins. Mit Hauptmedienwart Hans-Eberhard Peters spricht er über die Kulturarbeit im Eifelverein.
Der Eifelverein wird in der Öffentlichkeit hauptsächlich als Wanderverein wahrgenommen. Welchen Stellenwert hat die Kulturarbeit?
Der Eifelverein ist mehr als ein bloßer Wanderverein. Er dient nach dem Willen seiner Gründer seit 1888 „der Eifel, ihrer Bevölkerung und allen, die hier Erholung und Entspannung suchen.” Hierzu gehörte von Anfang an die „heimatkundliche und kulturelle Tätigkeit.”
„Kultur“ ist ein weitgefächerter Begriff. Welche Möglichkeiten bieten sich dem Eifelverein in der Heimat- und Kulturpflege?
Innerhalb der Ortsgruppen hat die Kulturarbeit das Ziel, das Wissen der Mitglieder über die Großregion Eifel, ihre Geschichte, Kunst und ihr Brauchtum zu vertiefen. Sie stellt eine wesentliche Ergänzung und Bereicherung des Veranstaltungsangebotes dar. Um diese Aufgabe zu erfüllen, sollte jeder Vorstand über einen Kulturwart verfügen; in 90 Ortsgruppen ist dies derzeit der Fall.
Welche Angebote können die Ortsgruppen machen?
Nun, es gibt da vielfältige Möglichkeiten. Lassen Sie mich nur einige Beispiele nennen. So gehört zu jeder Wanderung, dass über Kunst- und Kulturdenkmäler informiert wird, an denen der Weg vorbei führt. Spezielle Angebote mit kulturellem Schwerpunkt sollten in keinem Jahresplan fehlen. So können Burgen, Klöster, Kleinstädte, römische Baudenkmäler (Römerkanal) oder technische Denkmäler (etwa das Jugendstil-Kraftwerk in Heimbach) besichtigt werden. Es können Busfahrten zu kulturellen Zielen der Region mit Stadt- und Domführungen oder zu Museen und Ausstellungen organisiert werden. Veranstaltungen zur Pflege des kulturellen Erbes der Eifel mit Mundart, heimatlichem Brauchtum, Eifelliteratur, Theater, Volkstanz und Musik gehören dazu.
Wie fördert der Hauptverein die Kulturarbeit?
Der Verein fördert ausdrücklich die Erforschung der Geschichte, Literatur und Volkskunde der Eifel. Er stellt seine Zeitschrift, sein Jahrbuch und andere Publikationen aus seinem Verlagsprogramm als Foren zur Verfügung. Über diese Organe und über die Veranstaltungen der Ortsgruppen wird er zu einer Volkshochschule, zu einer Eifelakademie für 30.000 Mitglieder. Wir führen jährlich eine Tagung der Kulturwarte zur Fortbildung und zum Erfahrungsaustausch durch, und wir treffen uns zusätzlich einmal im Jahr zur Besichtigung eines Kunstdenkmals oder einer Ausstellung. Daneben fördert der Hauptverein kulturelle Einrichtungen.
Können Sie Beispiele nennen?
Ja, schon seit 1899 unterhält der Eifelverein die Niederburg in Manderscheid, seit 1890 betreibt er eine vereinseigene Bibliothek, und er wirkt seit 1921 an der Leitung und dem Betrieb des Eifelmuseums in Mayen mit.
Warum besitzt der Eifelverein eine Bibliothek?
Bereits 1888 richtete Alfred Dronke einen Aufruf zum Sammeln von Büchern an die Mitglieder, seit 1891 stellt der Verein hierfür Gelder zur Verfügung. Die Bibliothek befand sich zunächst in Trier und Prüm, bis sie einen Platz auf der Genovevaburg in Mayen fand. Gemeinsam mit den Beständen des Geschichts- und Altertumsvereins Mayen zählt die Bibliothek über 10.000 Bände. Neben zahlreichen Fachzeitschriften ist hier die Literatur zur Landeskunde und Ortsgeschichte der Eifel nahezu vollständig vorhanden. Besonders wertvoll ist der einzigartige Altbestand. Leider wurde die vereinseigene Bibliothek in den letzten Jahren nicht mehr so genutzt, wie es der Bedeutung ihrer Bestände entspricht. Hier gilt es, über Maßnahmen nachzudenken, die die Sammlung bekannter und die Benutzung attraktiver machen. Auch bei der Ergänzung und Erschließung der Bestände wäre einiges zu tun. Das Eifelmuseum in Mayen, dessen Kuratorium die Vorsitzende des Eifelvereins leitet, hat sich in den letzten Jahren zu einem florierenden Forschungsverbund von überregionaler Bedeutung entwickelt. Hierzu gehören das Deutsche Schieferbergwerk, das Vulkanpark-Erlebniszentrum Terra Vulcania, das Römisch-Germanischem Zentralmuseum mit seinem Forschungsbereich VAT, Mayen und das neue Labor für Experimentelle Archäologie. Hier stellt eine intensivere Mitarbeit des Eifelvereins eine interessante Perspektive dar.
Wie sehen Sie die Rolle des Kulturwarts im Vorstand einer Ortsgruppe?
Der Kulturwart soll im Vorstand Motor der heimatkundlichen und kulturellen Aktivitäten sein. Sachkenntnis oder berufliche Vorbildung sind für diese Funktion nicht erforderlich, sondern vor allem Interesse an der Geschichte, Kunst und Literatur der Eifel. Die Schwerpunkte seiner Arbeit in der Ortsgruppe kann jeder Kulturwart selbst setzen. Angesichts der individuellen Interessen der Kulturwarte, der unterschiedlichen Profile der Ortsgruppen und der Breite der skizzierten Möglichkeiten lassen sich keine allgemein verbindlichen Vorschläge formulieren.
Welche Tipps können Sie den Kulturwarten zur Erleichterung ihrer Arbeit geben?
Er sollte sich ein Netzwerk aufbauen, dass ihn unterstützt und mit dem er sich fachlich austauschen kann. Die Mitgliedschaft im Rheinischen Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz kann hilfreich sein. Für die Mitglieder ist der Bezug der Zeitschrift „Rheinische Heimatpflege” sowie aller neu erscheinender Hefte der Reihen „Rheinische Kunststätten“ und „Rheinische Landschaften“ kostenlos. Empfehlen kann ich auch, einen Arbeitskreis einzurichten, der heimatkundliche Themen vertieft, dokumentiert und die Ergebnisse veröffentlicht. Dem Netzwerk sollten ebenso Ortsvereine und Gruppen, die sich für heimatkundliche und kulturelle Belange einsetzen, wie Heimat- und Geschichts-, Verkehrs- und Verschönerungsvereinen, angehören.
Wie können Ortsgruppen mit ihren Aktivitäten in die Öffentlichkeit hinein wirken?
Zunächst einmal halte ich es für wichtig, dass die Öffentlichkeit auf Veranstaltungen außerhalb des Wanderprogramms hingewiesen wird. So erreichen wir auch Menschen, die an Kulturarbeit, nicht so sehr aber am Wandern, interessiert sind. Presseberichte mit Fotos können dazu beitragen, dass der Eifelverein nicht nur als Wanderverein wahrgenommen wird. Auf der Homepage der Ortsgruppen sollte Kulturarbeit einen angemessenen Platz finden. Insbesondere der Tag des offenen Denkmals bietet sich für Aktionen an: Pflege und Erhalt von historischen Wegen, Kapellen, Wegekreuzen oder auch Kriegerdenkmälern stoßen auf öffentliches Interesse.
Der Eifelverein besitzt über den Wolf-von-Reis-Kulturpreis die Möglichkeit, jedes Jahr bemerkenswerte Leistungen von Ortsgruppen, von Vereinen oder Einzelpersönlichkeiten auszuzeichnen. Welche Leistungen wurden in den letzten Jahren prämiert?
Der 2006 gestiftet Wolf-von-Reis-Kulturpreis ist ein wichtiges Steuerungsinstrument für kulturelle und wissenschaftliche Aktivitäten in der Eifel. Der Preis wurde zunächst zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses vergeben. 2011 haben wir damit das Ehepaar Scheidtweiler ausgezeichnet, das die Bruder-Klaus-Kapelle in Wachendorf errichtet hat, und Dr. Josef Zierden für seine Verdienste um die Eifelliteratur bzw. das Eifelliteraturfestival. 2010 und 2012 wurde der Preis an Ortsgruppen mit überragenden Leistungen im Bereich der Kulturarbeit verliehen, so z. B. für die Einrichtung des Webereimuseums in Höfen oder die Beschilderung der alten Hausnamen in Steffeln. Nicht nur der Preis und der damit verbundene Geldbetrag sind für die Ortsgruppen wichtig, sondern auch die Anerkennung ihrer Arbeit und das mit dem Preis verbundene publizistische Echo.
Wo sehen Sie zukünftige Schwerpunkte der Kulturarbeit im Eifelverein?
In den einzelnen Ortsgruppen sollte der Kulturarbeit künftig mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden als bisher. Im Jahresprogramm können zusätzlich zu den Wanderungen auch Stadt- und Kirchenbesichtigungen, Theater- und Konzertbesuche oder auch Vortrags-, Literatur- und Musikveranstaltungen angeboten werden. Sie lassen sich relativ einfach organisieren und recht kostengünstig anbieten (Regionaltickets der Bahn). Durch solche Angebote können nicht nur neue Mitglieder gewonnen, sondern auch die Senioren, die längere Wanderungen nicht mehr mitmachen können, verstärkt in die Vereinsarbeit eingebunden werden.
Welche weiteren Schwerpunkte wollen Sie bei Ihrer Arbeit als Hauptkulturwart setzen?
Neben den genannten Aktivitäten liegt mir die Förderung der landeskundlichen Erforschung der Eifel am Herzen. Die Festschrift zur 25-Jahrfeier des Vereins 1913 konnte mit Beiträgen renommierter Autoren noch das gesamte Wissen der Zeit in einem voluminösen Band bündeln. Bis in die 50er und 60er haben bedeutende Historiker, Kunsthistoriker, Volkskundler und Sprachwissenschaftler in der Mitgliederzeitschrift DIE EIFEL publiziert. Es gab damals auch eine enge Verzahnung zwischen den Heimatforschern und den hauptberuflich tätigen Wissenschaftlern.
Heute sind die Kontakte zu den Mitarbeitern der Universitäten, Bibliotheken und Archive etwas eingeschlafen. Bei der Suche nach Referenten für die Tagungen unserer Kulturwarte oder von Autoren für unsere Festschrift habe ich den Eindruck gewonnen, dass im heutigen Wissenschaftsbetrieb andere Prioritäten gesetzt werden. Dem steht ein ungebrochenes Interesse in den Ortsgruppen z. B. an Vorträgen gegenüber. Auch die Nachfrage nach Publikationen über die Eifel ist nicht gerade gering. Hier müssen wir überlegen, wie wir den Transfer verbessern können.
Welche Bedeutung spielt die Kulturarbeit bei der Jubiläumsfeier 2013?
Bei der 125-Jahrfeier am 25. Mai 2013 in Prüm sind zwei Ausstellungen eingeplant. In der Gemälde-Ausstellung „Maler der Eifel“ im Rathaus der Stadt Prüm zeigt die Düsseldorfer Galerie Schwarzer Bilder des Eifelmalers Fritz von Wille. Die gemeinsame Foto-Ausstellung von Landschaftsverband Rheinland und Eifelverein zeigt vom 25.5. bis 7.6.2013 das „Alltagsleben um 1900 – Die Eifel in frühen Fotografien“.
Weiter will ich auf die beiden Jubiläumsbücher hinweisen. Festschriften des Vereins hat es bereits 1913, 1938, 1948, 1973 und 1988 gegeben, so dass die Anfänge der Vereinsgeschichte ganz gut erforscht sind. Was jedoch noch fehlt, ist eine kritische Aufarbeitung der Geschichte des Eifelvereins im Dritten Reich. Gänzlich fehlt auch eine Darstellung zur Nachkriegszeit. Die Jahre ab 1945 machen immerhin mehr als die Hälfte der Vereinsgeschichte aus. Ein zweiter Band wird Aufsätze zu verschiedenen historischen Themen enthalten. So sind die Bevölkerungs-, Kirchen-, Stadt-, Verwaltungs-, Verkehrs- und Wirtschaftsgeschichte vertreten. Auch hier wurde Wert darauf gelegt, dass die Geschichte der Eifel nach 1945 einen breiten Raum einnimmt.