“Et jit net jerannt”!
“Et jit net jerannt”! Welch ein treffendes Motto: Der Maare und Thermen Pfad lädt ein zum „Müßiggang“, denn er ist einer der neuen Muße-Pfade in der Vulkaneifel, allesamt Partnerwege des Eifelsteigs. Er verlangt nach Ruhe, nach entspanntem Wandern, ohne Termine, ohne Zeitdruck. Auf den 35 km (796 hm) vom Ulmener Jungferweiher bis Bad Bertrich bleibt ausreichend Zeit, die Hektik des Alltags hinter sich zu lassen, Stress abzuschütteln, Pflichten für ein paar Tage zu vergessen und sich ganz der Schönheit der Natur hinzugeben: Dem vielstimmigen Gesang der Vögel, dem Duft des jungen Laubes und der Frühlingsblüten, dem Plätschern des Üßbaches. Und sich Zeit zu nehmen für Geschichten und für eine Reise in die Vergangenheit.
An sieben „Muße-Orten“ lesen wir Geschichten von wilden Gesellen und Halunken und davon, was sie auf dem Kerbholz hatten. Das Kerbholz ist deshalb Thema und Symbol des Maare und Thermen Pfades. Von einem Kreuzritter lesen wir und den Schätzen, die er vom Vierten Kreuzzug mitbrachte; das Feuer erzählt von finsteren Gesellen, die in seinem Schein ihre Untaten schmiedeten; wir erfahren, was es mit der Redewendung „etwas auf dem Kerbholz haben“ auf sich hat; von Müllern hören wir, dass sie als wilde Gesellen verschrien waren und manchen Dörflern unheimlich; von Todesstrafen am Galgen und auf dem Scheiterhaufen wird berichtet und von einer Horde, die den „Meucheldolch und den Feuerbrand schwang“; romantisch dagegen die Erzählung eines noch jungen Baumes davon, was sich unter der Baumkrone seines Großvaters zugetragen hat; und schließlich erfahren wir, wie die Elfengrotte entstanden ist.
Wegverlauf: Ulmener Jungferweiher – Ulmener Maar – Burgruine Ulmen – Üßbachtal – Maismühle – Demerathermühle – Mühlwiese – Wollmerath – Heckenmühle – Lutzerath – Altmühle – Neumühle – Aussichtspunkt Achterhöhe – Waldhaus – Falkenlay – Falkenhütte – Bad Bertrich
Markierung: Das Logo der Vulkaneifel-Pfade – Blaue und grüne Ellipse auf gelbem Grund mit „Maare und Thermen Pfad“
Details zum Wegverlauf finden Sie im EifelPfadFinder, mehr Fotos in Facebook: Etappe 1 und Etappe 2.
Der Ulmener Jungferweiher – ein magischer Ort
Die 1. Etappe unserer Wanderung beginnt am Ulmener Jungferweiher. Der Weiher steht aufgrund seiner seltenen Flora und Fauna gemeinsam mit dem Ulmener Maar unter Naturschutz. Zugvögel wie Kranich, Krickente und Raubwürger legen jährlich Rast auf den Wiesen am Jungferweiher ein, selbst Fischadler wurden schon bei der Jagd beobachtet. Bekassine und Wiesenpieper brüten in den binsenreichen Uferzonen. Man sollte das Fernglas dabei haben und sich Zeit für Vogelbeobachtungen lassen. Auch uns führt der Weg auf unseren Zügen nach Süden oft hierher. Wir empfehlen eine Runde um den See, die misst nur 3 km, Gelegenheit also, eine ¾ Stunde frische Luft zu tanken und seltene Vogelarten zu bestaunen. Unsere Wanderempfehlung „Ulmen – Vogelschutzgebiet Jungferweiher“ finden Sie hier.
Das Ulmener Maar – ein mystischer Ort
Wir verlassen den Jungferweiher und erreichen nach einem knappen Kilometer das Ulmener Maar. Es ist das jüngste der Eifel-Maare, vor etwa 11.00 Jahren soll der Krater durch einen vulkanischen Ausbruch entstanden sei.
Viele Geschichten und Sagen ranken sich um das Maar, von geraubten Schätzen aus Konstantinopel und einem schlauen Kreuzritter berichtet daher die Muße-Tafel am Ufer. Es geht um den Ulmener Kreuzritter Heinrich III. und die Schätze, die er vom Vierten Kreuzzug Ende des Jahres 1207 mitbrachte.
Bekannt ist auch die Geschichte vom Riesenfisch im Ulmener Maar, von der Sebastian Münster in der „Cosmographia“ (ab 1544) berichtet. Sebastian Münster war Professor für Hebräisch an den Universitäten Heidelberg und Basel. Mit der „Cosmographia“ legte er in sechs Büchern „eine Beschreibung der ganzen Welt mit allem, was darinnen ist“ vor. Dort, wo er über die Eifel schreibt, berichtet er:
„Im Marh zu Ulmen ist ein Fisch / wie dann viel gesehen haben / auff dreyssig Schuh lang / und ein anderer auff zwölff Schuh lang / die haben Hechtgestalt. Und so sie sich lassen sehen / stirbt gewisslich ein Ganerb des Hauß Ulmen / es sey Mann oder Fraw / ist offt bewärt und erfahren worden“.
Nun brauchen sich Wanderer keine Sorgen zu machen, diese Meldung ist über 450 Jahre alt, und welche Schuhgröße Münster hatte, wissen wir auch nicht. Nachzulesen ist sie auf der Rückseite einer der ältesten Landkarten der Eifel. Die Karte ließ Sebastian Münster 1550 nach Angaben des Trierer Arztes Simon Rischwin (Reichwein) anfertigen. Natürlich ist der Maare und Thermen Pfad dort noch nicht vermerkt. Aber dort, in der Mitte des Blattes, findet man den Hinweis auf Maar und Riesenfisch: „Ulmu lacus in quo piscis magnus spectatus aliquando“.
Die Ulmener Burgen
Oberhalb des Maares erreichen wir die Ruinen einer Burganlage, die ehemals aus einer Ober- und einer Unterburg bestand. Die Oberburg wurde um das Jahr 1000 errichtet, urkundlich erwähnt wurde sie erstmals 1074. Der bereits erwähnte Kreuzritter Heinrich III. hatte hier seine Heimat. 1292 wurde dann die Burganlage um die hangabwärts direkt benachbarte Niederburg erweitert.
Die Burganlage wurde, wie viele Burgen im Rheinischen, im späten 17. Jahrhundert durch französische Truppen Ludwigs IX. zerstört. Die Oberburg steht seit 1913 unter Denkmalschutz, 1967/68 wurde sie in ihren heutigen Zustand restauriert. Von der einstmals stolzen Burg des Ulmener Kreuzritters Heinrich III. sind nur noch die Ringmauer, Reste des kurtrierischen Amtshauses, eine Außenwand des Palas, eine Zisterne und ein paar Grundmauern weiterer Gebäude erhalten. Die Überreste der Niederburg sind fast gänzlich verschwunden.
Die Burganlage wird heute regelmäßig für Veranstaltungen genutzt; bekannt ist der Mittelaltermarkt, der jährlich am letzten Juni-Wochenende stattfindet.
Durch das Üßbachtal nach Wollmerath
Wir verlassen Ulmen und streben dem höchsten Punkt (461 m) des Maare und Thermen Pfades in der Nähe der Rotenbuschhütte entgegen: nach sanftem Aufstieg bietet sich ein weiter Blick über die Eifelhöhen; Gelegenheit zur Rast!
Hier besteht zurzeit eine Umleitung wegen Holzrückarbeiten, das Üßbachtal erreichen wir daher erst an der Maismühle. „Das Tal der klappernden Mühlen und wilden Müller“ heißt es auf der Muße-Tafel an der Mühle. Vom Mahlzwang erfahren wir: Bauern mussten ihre Ernte in bestimmten Mühlen mahlen lassen. Mit diesen „Bannmühlen“ sicherten sich die Hohen Herren ihren Zehnt, der Müller wurde zum ungeliebten Eintreiber der Obrigkeit. Lieferungen wurden mit einer Art „doppelten Buchführung“ dokumentiert: Jeder angelieferte Scheffel Getreide wurde mit einer Kerbe auf dem Kerbholz vermerkt. Das Holz wurde schließlich gespalten, Bauer und Müller erhielten je eine Hälfte; entsprechend der Getreidemenge auf dem Kerbholz wurde der Bauer später mit Mehl und Kleie entlohnt.
Wir folgen dem Üßbach vorbei an Demerathermühle und Mühlwiese und erreichen kurze Zeit später Wollmerath. Am Dorfrand von Wollmerath steht die Pfarrkirche St. Maria Magdalena, sie ist zum Schutz vor Plünderung verschlossen. Wir danken der freundlichen Küsterin, dass sie uns den Blick auf die Schätze im Inneren ermöglichte. Die Kirche beherbergt drei prachtvolle Altäre, eine Ankleide-Madonna hinter Glas und Grabplatten der hier begrabenen Adligen, des Freiherrn Ernst Karl von Landenberg und seiner Frau. Besonders beachtenswert aber ist die Orgel von Balthasar-König aus dem Jahre 1749.
Nur wenige Meter hinter der Kirche erstreckt sich das Wollerather Trockenmaar.
Vom Wollmerather Kopp nach Lutzerath
Etwa eine halbe Stunde hinter Wollmerath erreichen wir den Wollmerather Kopp. Die mächtige Felsformation aus Lavagestein zählt zu den jungen, quartären Vulkanen und besteht aus Schweißschlacken, vulkanischen Lapilli- und Ascheablagerungen. Bis in die sechziger Jahre des vorigen Jahrhunderts wurde hier Abbau betrieben, heute steht diese Felsformation unter Naturschutz; 2013 wurde sie zum Geoptop des Jahres gekürt.
Unser Weg führt weiter am Üßbach entlang und steigt dann vorbei am Litzbach und am Breumelsberg sacht an auf die Lutzerather Höhe.
Von Lutzerath zum Eifelblick „Achterhöhe“
Unsere 2. Etappe beginnt bei strahlendem Sonnenschein und klarer Sicht, ein dünner Wolkenschleier löst sich bald auf. Schon nach etwa einer Viertelstunde erreichen wir den Hang des Üßbaches. Links und rechts des Weges bedecken wahre Teppiche von Buschwindröschen den Waldboden, das noch junge Laub gibt immer wieder den Blick frei auf Bach und Talboden. Unten im Tal liegen Altmühle und Neumühle, wir überqueren Engelbach und Atzenbach und erreichen bald den spektakulären Glanzpunkt des Maare und Thermen Pfades, die Aussichtsplattform Achterhöhe.
Wie Kunst am Hang wirkt die Stahlkonstruktion, die sich einige Meter über den schroff abfallenden Üßbachhang schiebt. Ein bildschönes Beispiel gelungener Landschaftsarchitektur. Der Blick reicht über die Eifelhöhen bis zur Hohen Acht, unten im Tal sieht man den mäandernden Üßbach sieben Mal, daher der Name „Siebenbachblick“. Ein Ort zum Verweilen!
Vom Eifelblick „Achterhöhe“ zur Kennfuser Höhe
Kurz vor dem Eifelblick trafen wir auf den „Erlebnisweg Achterhöhe“; die kleine Runde (5 km, 120 hm) haben wir im Februar hier kurz vorgestellt. Wir begleiten sie bis zur Drei Eichen Hütte. Das Ensemble aus Hütte, Spielplatz, Grillplatz und Bänken wurde mit der Aussichtsplattform Achterhöhe im Jahr 2012 fertiggestellt. Hier verlassen wir den kleinen Rundweg und genießen für eine Stunde die Ruhe und Abgeschiedenheit des Winkelbaches. Zwei Rehe treten vor uns auf den Wiesenweg, eine Bache liegt mit ihren Frischlingen im Schutz eines Gebüsches, zieht sich aber zu unserem Glück zurück, als sie uns bemerkt. Menschen treffen wir nicht, wie fast auf dem gesamten Weg.
Nach etwa 1 ½ Stunden erreichen wir die Höhe bei Kennfus mit Blick auf den Ort. Die Geschichte an diesem Muße-Platz hat uns besonders berührt.
Der noch junge Baum denkt zurück an seinen Großvater, der nicht weit von hier stand. Der erzählte ihm oft Geschichten von früher, als sich an lauen Abenden die Liebespärchen unter seinen Armen trafen. Er zeigte ihm seine gefurchte Rinde und die tiefen Narben mit den wulstigen Rändern. „Jede Kerbe, mein liebes Kind,“ sagte er, „erinnert mich an bewegende und schöne Momente. Sie stammen von jungen Burschen, die sich hier abseits der Häuser von Kennfus mit ihren Liebsten trafen. In der Ungeduld ihres Wartens haben sie Herzen, ihre und die Initialen ihrer Holden in meine Rinde geschnitzt. War ich anfänglich erbost über diese Dreistigkeit, so wurde ich reich entlohnt, wurde Zeuge von manchem Liebesschwur.“
Das Gemälde „Die Erwartete“ neben diesem Text von F.G. Waldmüller aus dem Jahre 1860 zeigt eine solche Szene. Der sehnsüchtig Wartende kauert noch im Schutz eines Gebüsches. Er wird seiner Heißersehnten gleich die Rose überreichen, die er in der Hand hält. Reizend!
Über die Falkenlay nach Bad Bertrich
Noch liegt ein Stunde Weges bis zu unserem Ziel Bad Bertrich vor uns. Etwa auf halber Strecke erreichen wir noch einmal ein Glanzlicht der Tour: Am Fuße der Falkenlay befinden sich kleinere Steinzeithöhlen, deren Besiedlung um 4.000 – 2.000 v. Chr. durch entsprechende Funde nachgewiesen wurde. Ein schmaler Pfad führt an den Höhlen vorbei. Von der Aussichtsplattform auf der Falkenlay hat man eine herrliche Aussicht.
Ein schmaler, felsiger Pfad mit schönem Buchsbaumbestand führt uns schließlich nach Bad Bertrich.
Organisation der Wanderung
Natürlich mag mancher sagen: „35 km, das mach ich an einem Tag!“ Ja, das mag mit 2 Autos gehen, sogar mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Morgens mit dem Bus von Lutzerath nach Ulmen (einmal umsteigen); 35 km wandern; abends mit AST und Bus von Bad Bertrich nach Lutzerath (einmal umsteigen, Fahrzeit 1:20 Std). Dem Muße-Pfad allerdings würde das nicht gerecht, aus Müßiggang würde eine Hatz durch die Vulkaneifel.
Das GesundLand Vulkaneifel hat daher das Wander-Arrangement „Wandererlebnis auf den Spuren des Feuers“ entwickelt. Das Arrangement beinhaltet 3 Übernachtungen mit Frühstück im wanderfreundlichen Hotel, 2 Lunchpakete und Transfers an zwei Wandertagen. Die 1. Etappe (Ulmen – Lutzerath) hat 19 km (300 hm), die 2. Etappe (Lutzerath – Bad Bertrich) kommt auf 16 km und 370 hm. Hier weitere Einzelheiten zum Angebot „Wandererlebnis auf den Spuren des Feuers“.
Das GesundLand Vulkaneifel hat uns eingeladen, dieses Angebot zu testen. Wir wählten das Hotel & Restaurant Wilhelmshöhe bei Auderath, ein familiär geführtes Hotel mit der Atmosphäre eines britischen Landhotels. Durch Familie Miller wurden wir sehr herzlich aufgenommen. Das Restaurant bietet eine kleine, feine Speisekarte, die Küche legt Wert auf regionale Produkte. Das Hotel ist genau der richtige Ort, einen langen Wandertag ausklingen zu lassen. Wir haben uns sehr wohl gefühlt.