Wir saßen im Garten der klostereigene Vesperstube „Casse-Croûte“. Das Kloster Val-Dieu war der nördlichste Punkt und Abschluss unserer Wanderreise durch die belgischen Ardennen: Val-Dieu liegt im ostbelgischen Bistum Lüttich nahe der deutschen und holländischen Grenze, nicht weit von Aachen. In der Vesperstube kann man die Spezialitäten des Abteibieres probieren: Blonde, Brune und Triple. Der Gast am Nebentisch hatte 2 Gläser vor sich stehen. Sie sahen aus wie Rotweingläser, in einem war das „Brune“, im anderen das „Blonde“, jeweils 200 cl. Für ihn war das „Brune“, für seine Begleitung das „Blonde“. Ich beobachtete die beiden eine Weile. Sie tranken das Bier nicht, sie zelebrierten es. Er hob das Glas in die Höhe, betrachtete die Farbe des Bieres, setzte es an die Lippen und nahm einen kleinen Schluck. Dabei schloss er die Augen und genoss.
Belgier verstehen sich darauf, zu genießen. Wir Germanen entwerten gelegentlich das Essen als Nahrungsaufnahme zum Erhalt der Körperfunktionen, Belgier zelebrieren das Essen. Oft höre ich zu Hause: „Jetzt habe ich eine Stunde in der Küche gestanden und wir sind in 5 Minuten mit dem Essen fertig“. In den beiden Hotels, die wir auf unserer Wanderreise besuchten, wurde mir eine Lektion in genussvollem Speisen erteilt. 2 ½, fast 3 Stunden dauerte das Abendessen.
- Salade de homard, pamplemousse rose et avocat parfumé au poivre rose
- Ragoût maraîcher, rouget rôti au four, amertume de roquette et orange
- Tartufo à la chair de crabe, fenouil et fèves, picasso de poivrons
- Assortiment de fromages d’ici et d’ailleurs
- Les douceurs du moment
Soll ich weitermachen?
Alles leicht und zart, Gaumenschmeichler, köstlich. Man vergisst, dass man jemals Schnitzel mit Pommes gegessen hat. Belgische Köche sind Künstler!
Aber ich will vom ersten Tag unserer Wanderreise berichten. „Hast Du den Wecker nicht gestellt“ fragte Ursula. Wir hatten verschlafen, es war bereits 5 Uhr. Die Fahrt zur Trappisten-Abtei Notre-Dame d’Orval in der belgischen Provinz Luxemburg nahe der französischen Grenze dauerte immerhin 2 ½ Stunden. Wir hatten ein volles Programm: Besichtigung der Abtei, Wanderung, Abstecher nach Florenville, dort Besichtigung eines Schokoladen-Ateliers, dann Fahrt ins Hotel nach Bouillon. In Bouillon wollten wir uns schließlich auch noch etwas umsehen.
Die Abtei Orval wurde im 12. Jahrhundert gegründet, ihre wechselvolle Geschichte hat über die Jahrhunderte tiefe Narben hinterlassen: Während des Ersten Koalitionskrieges wurde Orval 1793 von französischen Truppen unter dem Kommando von General Louis Henri Loison bei ihrem Einfall in die Österreichischen Niederlande geplündert und niedergebrannt. Erst 1926 begann man mit den Planungen des Wiederaufbaus. Die Ruinen des zerstörten mittelalterlichen Klosters blieben als Mahnmal erhalten und können besichtigt werden.
Orval ist eine touristische Attraktion. Das Trappistenbier von Orval gilt als begehrte Spezialität: es ist das bitterste unter den belgischen Trappistenbieren, mit einem vergleichsweise geringen Alkoholgehalt (6,2 Vol.-%). In der urigen Kneipe “Auberge de l’Ange Gardien” kann man das köstliche Orval Trappistenbier probieren.
Vom Kloster aus führt ein Wanderweg durch ein Bachtal unmittelbar an der Grenze entlang hinauf zum französischen Dörfchen Williers. Facebook enthält unsere fotografischen Impressionen von dieser Wanderung, den Track findet man im EifelPfadFinder.
Die Fahrt zu unserem Hotel in Bouillon führt über Florenville. Direkt an der Strecke, an der Place Albert 1er 36 in Florenville, liegt Les Chocolats d’Edouard.
Edouard ist ein bekannter Chocolatier in der Region, seine Kreationen sind verführerisch. Ursula kann nicht widerstehen. 250 g Pralinen werden fein sortiert verpackt, das Päckchen mit einem Schleifchen versehen und … Das wäre gar nicht nötig gewesen, bereits am Auto wird wieder ausgepackt und probiert.
Von Florenville nach Boullion ist es keine halbe Stunde. Wir kommen am späten Nachmittag an, checken zunächst im Hotel ein. Es liegt traumhaft: am Hang, mit Blick auf Stadt, Burg und Fluss. Bis zum Abendessen ist noch etwas Zeit, wir gehen hinauf zur Burg.
Die Burg liegt oberhalb der Stadt in einer engen Schleife des Flusses Semois. Die Anlage wurde im 11. Jahrhundert erbaut und im 17. Jahrhundert zur Festung umgebaut.
Ihre strategische Bedeutung lag in der Kontrolle der nord-südlichen Route von Reims über Lüttich nach Aachen zwischen Ober- und Niederlothringen, ihre Lage machte sie nur schwer einnehmbar. Fasziniert hat mich die Gestalt Gottfrieds von Bouillon, Ende des 11. Jahrhunderts Herr über Bouillon. Er verpfändete 1095 die Burg, um damit seine Teilnahme am ersten Kreuzzug zu finanzieren. 1100 starb er in Jerusalem, die Burg kam nicht mehr in den Besitz der Familie zurück.
Bei der Rückkehr in das Hotel: Die Bühne ist bereitet für eine kulinarische Inszenierung. Wir erleben drei Stunden belgische Esskultur und Lebensfreude.
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