Wegearbeit im Eifelverein heute

Horst Müller, Wegewart der Ortsgruppe Mechernich, im Gespräch

Nach der Grundlagenuntersuchung „Freizeit-und Urlaubsmarkt Wandern (2010)“ des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie (BMWi) (Hrsg.) haben die Wandervereine (ohne Deutschen Alpenverein) innerhalb eines Jahres ca. 2,3 Mio. Stunden ehrenamtlicher Arbeit geleistet. Auf die Wegearbeit entfielen ca. 14%, das sind rund 350.000 Arbeitsstunden. Würden die geleisteten Arbeitsstunden in Vollzeitstellen umgerechnet, so entspräche das ungefähr dem Umfang von 1.422, für den Bereich der Wegearbeit allein ca. 213 Vollzeitstellen. Mit der Übungsleiterpauschale in Höhe von 12 € vergütet, hätte alleine die geleistete Wegearbeit einen Gegenwert von ca. 4,2 Mio. € (erhobene Daten von 2007). Wegewarte leisten somit einen bedeutenden Beitrag zur Entwicklung und Pflege der Wanderinfrastruktur und zur Förderung des Wandertourismus.

Horst Müller im Gespräch mit Hauptmedienwart Hans-Eberhard Peters

Horst Müller im Gespräch mit Hauptmedienwart Hans-Eberhard Peters

Der Eifelverein markiert drei Fernwanderwege, einen Weitwanderweg, 14 Hauptwanderwege und vier Regionalwanderwege mit einer Gesamtlänge von rd. 3.400 km. Hinzu kommen rd. 6.000 km Rundwanderwege, die von den einzelnen Ortsgruppen betreut werden. Etwa 170 Wegewarte haben diese Aufgaben übernommen. Einer von Ihnen ist Horst Müller aus Mechernich. Der pensionierte Stadtkämmerer engagiert sich vielseitig im Eifelverein: Mitglied der Ortsgruppe Mechernich ist er seit 1968, Wanderführer seit 1969, dazu Geschäftsführer (1983), 1. Vorsitzender (1983) und Wegewart seit 2006. Mit Hauptmedienwart Hans-Eberhard Peters spricht er über seine Funktion als Wegewart.

Heute ist viel von GPS-Wandern und Geocaching die Rede. Sogar Discounter bieten GPS-Geräte an. Verlieren Wegemarkierungen an Bedeutung?

Aussagekräftige Beschilderungen, Rückgrat der Wanderinfrastruktur

Aussagekräftige Beschilderungen, Rückgrat der Wanderinfrastruktur

Nein, das glaube ich nicht, ganz im Gegenteil. Aussagekräftige Beschilderungen und Wegemarkierungen bilden das Rückgrat der Wanderinfrastruktur in einer Region oder in einer Kommune. Sie sind aus meiner Sicht die Basis für eine gezielte Besucherlenkung, wie es z.B. in meinem Zuständigkeitsbereich als Wegewart häufig in Naturschutzgebieten oder in den Randbereichen des früheren Mechernicher Bleibergbaus erforderlich ist.

Wie sehen Sie die weitere Entwicklung? Wird das so bleiben?

Es wird auch in Zukunft Wanderer geben, die ohne technische Unterstützung das Naturerlebnis suchen. Diese Wanderer erwarten gut markierte Wanderwege, die ihnen die Schönheiten und Sehenswürdigkeiten einer Region erschließen. Die Erfolge der Premiumwege (z.B. Eifelsteig und Traumpfade) belegen das.

Sie haben gleich mehrere Funktionen in Ihrer Ortsgruppe übernommen? Ist das ein Zeichen dafür, dass es schwierig ist, Freiwillige für diese Funktionen zu gewinnen?

Wir sind eine relativ kleine Ortsgruppe mit ca. 90 Mitgliedern. Das hohe Alter macht es vielen unserer Mitglieder schwer, aktiv Aufgaben im Verein zu übernehmen. Das merken wir bei den Wanderwarten, aber das hat auch Auswirkungen auf unsere Wegearbeit. So mussten wir uns nach über 45 Jahren in Ermangelung von Wanderführerinnen und Wanderführern schweren Herzens dazu entschließen, auf die Durchführung unserer Sonntagswanderungen zu verzichten. Notgedrungen haben wir daher ab 2013 den Schwerpunkt unserer Wanderaktivitäten auf die Mittwochswanderungen gelegt, die sich nach wie vor einer hohen Teilnehmerzahl erfreuen.

Wir sind damit in einer Situation, in der sich viele Ortsgruppen befinden. Zwar ist Wandern aktuell groß „in Mode“, aber viele ziehen es vor, allein oder in kleinen Gruppen zu wandern. Auch neue Organisationsformen über die sozialen Netze sind stark im Kommen. Hier müssen wir zu Formen der Zusammenarbeit kommen und unsere Medienarbeit verstärken.

Was bedeutet das für Sie? Wie viele Kilometer Wanderwege betreuen Sie?

Für den Eifelverein betreue ich 105 km Wanderwege, zusätzlich noch 146 km örtliche Wanderwege im Bereich der Stadt Mechernich.

Welche Wanderwege sind das?

Ich betreue für den Eifelverein Abschnitte des Krönungsweges, des Römerweges, des Ahr-Vennweges, des Römerkanal-Wandweges, des Jugendherbergs-Verbindungsweges und des Pilgerweges.

Welche Grundsätze sind beim Markieren zu beachten?

Gemalte Markierungszeichen haben Vorrang

Gemalte Markierungszeichen haben Vorrang

Vorweg möchte ich betonen, dass für mich das gemalte Markierungszeichen absoluten Vorrang hat. Auch wenn das Landschaftsgesetz NRW geklebte Zeichen zulässt und mit Duldung der Waldeigentümer und Förster auch der Einsatz von Aluminium-Nägeln mit Korkunterlagscheiben möglich ist, gilt für meine Arbeit als Wegewart: Wo gemalt werden kann, wird nicht geklebt oder genagelt! Schon vor Jahren habe ich alle von mir betreuten Wanderwege durchgehend von der jahrzehntelang auf Eifelvereinsebene praktizierten, wenig nutzerfreundlichen Parallelmarkierung, auf Sichtmarkierung umgestellt, d.h. die Markierungszeichen müssen dem darauf zugehenden Wanderer schon von weitem ins Auge fallen. Ein weiterer wichtiger Grundsatz der Sichtmarkierung ist, dass die Wanderwege, da sie in beiden Richtungen genutzt werden, auch in beide Richtungen markiert werden.

Wie gehen Sie dabei vor?

Markierung in Augenhöhe

Markierung in Augenhöhe

Die Markierungszeichen werden in der Regel in Augenhöhe angebracht. Die Größe der Markierungszeichen ist durch die Anlage 4 zu § 20 DVO-LG NRW vorgegeben. Dies ist im nordrhein-westfälischen Teil der Eifel ein weißer Spiegel (10 x 10 cm), auf den in schwarzer Farbe die jeweiligen Markierungszeichen (z.B. Pfeile, Winkel, Embleme oder arabische Zahlen) aufgemalt werden oder bereits aufgedruckt sind. Ausgenommen von dieser grundsätzlichen Markierungsform ist der Pilgerweg zwischen Köln und Trier, dessen Zeichen ein blauer Spiegel mit stilisierter gelber Jakobsmuschel ist. Zusätzlich wird in beiden Richtungen jeweils ein gelber Richtungspfeil angebracht. Markierungszeichen sind an jeder Wegekreuzung oder Einmündung anzubringen, das gilt auch bei Streckenführung “geradeaus”. Wo es zur Eindeutigkeit erforderlich ist, werden zusätzlich Richtungspfeile angebracht. Daneben gibt es Bestätigungszeichen, die von der Kreuzung aus sichtbar im Abstand von ca. 50 m angebracht werden. Beruhigungszeichen bei längeren kreuzungsfreien Strecken geben dem Wanderer zusätzliche Sicherheit.

Wenn ich eine Markierung erstmalig anbringe oder sie erneuere, trage ich zunächst den weißen Spiegel auf, lasse ihn trocknen, trage eine zweite Schicht auf und erst auf diese kommt später das jeweilige Markierungszeichen. Dadurch halten die Markierungen in der Regel 4‑5 Jahre.

Wie oft muss ein Wanderweg kontrolliert werden?

Jeder Wanderweg wird von mir zweimal jährlich jeweils im Frühjahr und im Herbst kontrolliert, dabei festgestellte Mängel werden sofort behoben. Sofern mir unterjährig Mängel gemeldet werden, behebe ich diese Mängel umgehend.

Wie hoch ist der Zeitaufwand dafür?

Bei der erstmaligen Markierung “meiner Wanderwege” auf Sicht benötigte ich, auch wegen des einmaligen Aufwandes für das Entfernen der “historischen” Parallelmarkierungen pro Streckenkilometer, durchschnittlich zwischen 1,5 bis 3,00 Arbeitsstunden. Für die seit 2 Jahren anfallenden Kontrollen und Ergänzungsmarkierungen beträgt der durchschnittliche Zeitaufwand zwischen 1,00 und 2,00 Stunden pro Kilometer, wobei dieser Durchschnitt nur zu erreichen ist, wenn die Erstmarkierung nachhaltig erfolgt.

Was haben Sie alles dabei, wenn Sie zum Markieren in die Natur gehen?

Allzeit bereit: Ausrüstung für das Markieren

Allzeit bereit: Ausrüstung für das Markieren

Alle erforderlichen Markierungszeichen, das sind: Alu-Nägel, Metallplatten zum Aufkleben der Zeichen bei Mehrfachmarkierungen in unterschiedlichen Längenmaßen, Kartuschenpistole und Kleber, Pinsel unterschiedlicher Stärke, weiße und schwarze Acrylfarbe, schwarze Sprühfarbe, selbst gefertigte Markierungsschablonen, Drahtbürste, Baumkratzer, Hammer, Kneifzange, Baumsäge, Astschere, kleine Trittleiter sowie bei Strecken, die ich nicht mit dem PKW befahren kann ein umgebautes “Einkaufswägelchen” zum Transport der Ausrüstung.

Was macht gute Markierung aus?

Gute Markierung muss lückenlos, fehlerfrei und eindeutig für die Benutzer ist. Das setzt voraus, dass die Wanderwege regelmäßig kontrolliert und durch Ergänzungsmarkierung und jährliche Freischneidearbeiten im unmittelbaren Umgebungsbereich der Markierungszeichen gepflegt werden.

Was kostet die Markierung?

Die Gesamtkosten kennen wir nicht genau. Das liegt u.a. daran, dass der größte Teil der Kosten für die örtlichen Wanderwege bei den Ortsgruppen anfällt. Aber wir haben eine Schätzung auf der Grundlage der Kosten für die überregionalen Wanderwege, denn die kennen wir genau: für diese ca. 3.400 km entstehen jährlich Kosten in Höhe von 25.000 €. Wenn man dies auf die ca. 6.000 km örtlicher Wanderwege überträgt, so ergibt sich ein Betrag von ca. 50.000 €. Wir können also von ca. 75.000 € ausgehen, die der Eifelverein jährlich für die Wegearbeit aufwendet.

Das städtische Rundwanderwegenetz wird von mir ehrenamtlich, also ohne Zahlung einer Wegewartentschädigung betreut. Die Stadt zahlt mir jedoch für den Einsatz meines privateigenen PKW eine pauschalierte Wegstreckenentschädigung.

Alle mit dem städtischen Wegenetz anfallenden Sachkosten übernimmt die Stadt Mechernich. Bei Arbeiten am Wanderwegenetz (z.B. umfangreiche Mäh- oder Freischneidearbeiten, Aufstellung von Markierungspfosten) innerhalb des Stadtgebietes Mechernich unterstützt der städtische Baubetriebshof. Diese vertraglich fixierte Regelung ist meines Wissens im Kreis Euskirchen einmalig!

Können Sie etwas zu den Schäden sagen, die durch Vandalismus oder Trophäensammler entstehen?

Nicht nur Vandalismus, sondern verstärkt Wald- und Feldarbeiten führen häufig zum Ausfall von Markierungszeichen, dies ist besonders beim von mir betreuten Streckenabschnitt des Römerkanal-Wanderweges zwischen Kall-Keldenich und Euskirchen-Hardtburg zu verzeichnen. Hier entstehen unverhältnismäßige Kosten durch die Erneuerung umgefahrener Markierungspfosten. Bei Trophäensammlern sind Markierungszeichen des Pilgerweges beliebt, die dadurch entstehenden Schäden sind aber nicht nennenswert.

Wie beurteilen die Zusammenarbeit mit Förstern, Waldeigentümern und Kommunen?

In meinem Zuständigkeitsbereich arbeite ich sehr vertrauensvoll mit den Förstern der Forstbetriebsbezirke Mechernich, Hardtburg und Nettersheim und dem Förster des Bundesforstbetriebes, Forstrevier “Schavener Heide” zusammen. Gleiches gilt auch für die Forstleute der beiden großen Privatwaldeigentümer in meinem Wegewartbereich. Ausschlaggebend ist hierfür, dass ich mich bei den Markierungsarbeiten im Wald sehr eng an die mit den Forstleuten getroffene Absprache halte, die Markierungszeichen an lebenden Bäumen nur zu malen und nicht zu nageln oder zu kleben. Besonders hervorheben aber möchte ich die stets gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem Bürgermeister der Stadt Mechernich, Dr. Hans-Peter Schick, der als Mitglied unserer Ortsgruppe immer ein offenes Ohr für die Belange des Eifelvereins hat, sowie mit der Leitung und den Mitarbeitern des städtischen Bauhofes.

Der Eifelverein hat einen Arbeitskreis für die Qualitätsoffensive „Wegearbeit“ eingerichtet. Welche Empfehlungen können Sie ihm mit auf den Weg geben?

Der Eifelverein hat mit seinem dichten Wegenetz vor über 100 Jahren die Grundlage für die Wanderinfrastruktur der Eifel geschaffen. Unsere Wanderwege sind historisches, heimatliches Erbe, das es zu bewahren gilt. Aber die Welt hat sich seitdem grundlegend gewandelt, auch die Wanderwelt. Die Ansprüche an Wanderwege sind erheblich gewachsen, dem müssen wir Rechnung tragen. Wir müssen unsere Wanderwege schrittweise den Standards der Premiumwege annähern.

Angenommen, jemand interessiert sich für die Funktion des Wegewartes. Wie erklären Sie ihm, was den Reiz der Wegearbeit ausmacht?

Wegewart, wichtiger Botschafter des Eifelvereins

Wegewart, wichtiger Botschafter des Eifelvereins

Die Tätigkeit des Wegewartes vollzieht sich in aller Stille, er wird bei seiner Tätigkeit von der Öffentlichkeit selten wahrgenommen. Das Ergebnis allerdings wird von Wanderern außerordentlich geschätzt. Gerade außerhalb des Eifelvereins zollt man dieser Tätigkeit hohen Respekt und ist für die Markierungen dankbar. Mit der Markierung von Wanderwegen wirkt der Eifelverein sehr in die Öffentlichkeit hinein, insofern sind Wegewarte wichtige Botschafter des Eifelvereins.

Dieses Ehrenamt verbindet das Wandern mit dem Dienst an der Gemeinschaft. 251 km Wanderwege, die ich betreue, verschaffen mir eine sinnvolle Freizeitbeschäftigung an der frischen Luft, die mich auch dann besonders erfreut, wenn ich ein positives Feedback von Wanderern oder Jakobspilgern erhalte.

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